Zimmermeister Johannes Erlinger im Gespräch mit dem Ökobaustoff-Produzenten Sonnenklee.

„Es wird gelingen!“ Der Zimmermeister Johannes Erlinger ist Ökobau-Optimist aus Überzeugung und Erfahrung. Mit Sonnenklee, Produzent konsequent ökologischer Baustoffe, spricht er über seinen Weg zum Strohbau und warum die bestmögliche Ausführungsqualität das Wichtigste beim Bau ist.

Wie Johannes Erlinger hat sich auch die Sonnenklee GmbH ganz dem nachhaltigen Wirtschaften verschrieben und vertreibt u.a. Futtermittel und Bioerdbeeren. Das Hauptinteresse gilt jedoch ganz klar dem Bauen mit gesunden Baustoffen: mit einer mobilen Baustroh-Aufbereitungsanlage ist das Unternehmen in der Lage, jederzeit und überall zertifizierte Baustrohballen bzw. Stroh-Einblasdämmung herzustellen. Weiters im Programm: Wärme- und Schalldämmmatten aus Flachs und Hanf. Alle verwendeten pflanzlichen Rohstoffe stammen dabei aus biologischem Anbau.

Sonnenklee ist seit jeher sehr darauf bedacht, die oft sehr individuellen Anbieter von (Stroh)bauleistungen, ihre Stammkunden also, für alle sichtbar ins gemeinsame Boot zu holen – und damit der ganzen Szene zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sie auch an Johannes Erlinger mit der Bitte um ein ausführliches Interview herantraten. Eine Bitte, der der Zimmermeister gerne nachkam.

Sonnenklee: Johannes, bitte stell dich kurz vor und erzähle uns, was du machst.

Johannes Erlinger: Ich bin Zimmermeister seit 2006, 2015 habe ich meine Firma gegründet und seither ein gutes Dutzend große und sehr viele kleinere Projekte verwirklicht. Wir, also die Erlinger Holzbau GmbH, bauen ökologische Holzhäuser, in denen sich die Menschen wohlfühlen dank des gesunden und angenehmen Raumklimas, das in ihnen herrscht. Vom Umbau eines bestehenden Objektes bis zum kompletten Neubau ist alles dabei. Wenn es vom Kunden gewollt ist, bieten wir auch den Lehmputz und die Spengler- und Dachdeckerarbeiten an.

Sonnenklee: Wie bist du zum Strohbau gekommen, und was motiviert dich, an dem Thema dranzubleiben?

Johannes Erlinger: Zum Thema Stroh bin ich vor ca. 20 Jahren gekommen, Herbert Gruber (Obmann des Österreichischen Strohballen-Netzwerks ASBN, Anm.) hatte damals das Buch „Bauen mit Stroh“ geschrieben. Daraufhin habe ich mir eine Strohballenpresse gekauft und zunächst hobbymäßig Baustrohballen gepresst, die wir aber bald in ganz Österreich geliefert haben. Als Zimmermann habe ich die so entstandenen Kontakte nutzen können und manchmal sogar das ganze Holzhaus dazugeliefert, damals noch als Angestellter. Als mein eigener Chef habe ich jetzt viel mehr Möglichkeiten, mit den Kunden gemeinsam schöne Lösungen zu finden und zu verwirklichen.

Sonnenklee: Wie viele Strohhäuser hast du eigentlich schon gebaut?

Johannes Erlinger: Das Holzbauunternehmen halte ich bewusst klein, damit ich auch selber auf der Baustelle mitarbeiten kann. Das bedeutet, dass wir drei bis fünf komplette Häuser pro Jahr bauen; daneben setzen wir aber noch viele kleinere Projekte um. Auch so sind, meine Zeit als Angestellter mitgerechnet, an die 30 Strohhäuser entstanden.

Sonnenklee: Was sagst du Leuten, die behaupten, ein Ziegelhaus sei langlebiger als ein Holzhaus?

Johannes Erlinger: Für mich haben beide Bauweisen ihre Berechtigung, auch wenn von einer strikt ökologischen Perspektive aus der Strohballenbau natürlich das absolut Beste ist. Worauf es aber weit mehr ankommt, ist die konsequente ökologische Umsetzung und die Wertigkeit der Ausführung. Die Qualität, mit der ein Haus gebaut wurde, zeigt sich spätestens, wenn man etwas umbauen will. Dann lohnt es sich, wenn der Erbauer auf eine gute Ausführung wert gelegt hat, dann hat auch die nächste Generation noch etwas davon. Und die übernächste. Denn in puncto Langlebigkeit sind die Unterschiede zwischen Holz- und Ziegelbauten nicht auszumachen; die Unterschiede zwischen wertig und schleißig gebaut sind hingegen enorm.

Sonnenklee: Ein sicher leidiges Thema, aber v.a. Menschen, die noch kaum Kontakt mit dem Strohballenbau hatten, fragen fast unvermeidlich danach: Wie gehen Strohballenbau und das sprichwörtliche Strohfeuer zusammen?

Johannes Erlinger: Es wurden einige Brandtests mit ganzen Bauteilen durchgeführt, also mit Lehm verputzte Strohwände mit oder ohne Holzständern. Beim Brandschutz wird immer der gesamte Bauteil bewertet. Das bedeutet, dass Brandtests mit dem konkreten Wandaufbau gemacht werden, der dann eingestuft werden kann. Die erforderlichen Brandwiderstandswerte für den Ein- und Zweifamilienhausbau wurden alle locker erreicht. Warum die dicht gepressten Strohballen nicht sofort in Flammen aufgehen? Versucht mal, ein dickes Telefonbuch mit einem Streichholz anzuzünden. Solange das Buch geschlossen ist, wird das nicht gelingen. Nur einzelne Seiten würden Feuer fangen. Und so ist das auch beim Stroh: nur einzelne Halme verpuffen in Sekundenschnelle. Im Strohballen kriegt das Feuer einfach keine Luft.

Sonnenklee:Sind Strohhäuser billiger als konventionell gedämmte Häuser und zahlt es sich überhaupt aus für ein Holzbauunternehmen, ein Strohhaus zu bauen?

Johannes Erlinger: Stroh ist ein günstiger Baustoff, es ist auch viel Eigenleistung der Baufamilie möglich, z. B. beim sogenannten Infill, dem Einfüllen der Strohballen in das Holzständer-Rahmenwerk. Dadurch kann sich diese das meiste Geld ersparen. Die anspruchsvollen Zimmererarbeiten, die nur wir Professionisten bewerkstelligen können, werden deshalb aber nicht oder fast nicht weniger. Das Großartige am Stroh ist, dass es der einzige Dämmstoff ist, der ohne Zusätze verbaut werden kann. Natur pur. Es macht enorm viel Spaß und fühlt sich richtig gut an, mit Stroh und Holz und Lehm zu bauen. Das ist etwas, das vom Geld unabhängig ist; dabei ist es nicht mit Gold aufzuwiegen.

Sonnenklee: Wird die Klimakrise auch ein Umdenken hin zu CO2 - neutralen Baustoffen bewirken?

Johannes Erlinger: Da bin ich selber sehr gespannt. Tatsache ist, dass die großen Firmen, die Beton, Ziegel und Stahl herstellen, immer noch in der Lage sind, die Gesetze, die Politiker und die öffentliche Meinung durch Werbung massiv zu beeinflussen. Beim Styropor ist die Zustimmung gerade am Kippen, da die Entsorgung ein ungelöstes Problem darstellt. Gefühlt wird zurzeit so viel betoniert wie noch nie … ich hoffe, die Mutter Erde hat noch Geduld mit uns.

Sonnenklee: Kannst du uns noch etwas über deine Erfahrungen im lasttragenden Strohballenbau erzählen, bei dem die – oft extragroßen – Strohballen Dämmung und Wandaufbau in einem sind? Wie siehst du als Holzbauer die Chancen und Möglichkeiten in diesem Bereich?

Johannes Erlinger: Ein lasttragendes Strohballenhaus zu errichten ist etwas Besonderes. Vom Namen her würde man meinen, dass für den Zimmermann da eher wenig zu tun ist; tatsächlich kommt kaum weniger Holz zum Einsatz als beim hierzulande üblichen Holzständerbau. Nur die Technik ist eine völlig andere. Es ist so ein bisschen „die reine Lehre“ des Strohballenbaus. Wir durften im Jahr 2019 ein Einfamilienhaus gemeinsam mit Virko Kade (einer der profiliertesten Strohballenbauer Österreichs, Anm.) als Berater umsetzen. Das Wohnklima mit 90 cm dicken Strohballenwänden wird fantastisch. Da braucht es sicher keine Klimaanlage im Sommer … und nur sehr wenig Heizenergie im Winter. Wenn wir eine Baufamilie bei solch einem Projekt begleiten dürfen, dann jederzeit gerne!

Sonnenklee: Was möchtest du unseren Leserinnen und Lesern sonst noch mitgeben?

Johannes Erlinger: Jeder Baufamilie mit dem Wunsch, ökologisch zu bauen, kann ich nur sagen: Bleibt eurem Wunsch treu! Viele werden sagen, das geht nicht und dies ist nicht gut, so hält das nicht usw. Zu viele ökologische Projekte sind auf die Art verhindert worden. So vieles ist machbar, definitiv weit mehr als die Bauleute vom alten Schlag für möglich halten. Wer an solche Ökobau-Pessimisten gerät, dem rate ich: Sucht weiter, bis ihr auf Menschen stößt, die in der Lage sind, euch dabei zu begleiten und zu unterstützen. Es wird gelingen und euch jeden Tag große Freude bringen. Da lohnt sich die Mühe!

Sonnenklee: Lieber Johannes, vielen Dank für das spannende Gespräch!

Links zu ausgewählten Holz-Stroh-Lehmbauten von Holzbau Erlinger: